EPOMM e-update January 2014
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Liebe Leserinnen und Leser,

Mobilitätsmanagement (MM) ist auf dem Vormarsch. Immer mehr Länder führen MM ein, immer mehr Projekte werden initiiert. Aber wo anfangen als Stadt, Gemeinde, Region oder Staat, der noch über wenig Erfahrung auf dem Gebiet des MM verfügt? Zum Beginn des neuen Jahres möchten wir Ihnen einen Überblick über das Thema verschaffen und vorstellen, wie Behörden in Europa MM in ihre Politik und Praxis eingeführt haben.

 

Traditionen nutzen



Einige Städte in den neuen Mitgliedsstaaten können durchaus auf eine reiche Tradition hinsichtlich des Fußgänger- und Fahrradverkehrs oder auch öffentlicher Verkehrsmittel zurückblicken, sehen sich aber nunmehr mit der Bedrohung wachsenden KfZ – Verkehrs konfrontiert. Die Stadt Shkodra / Albanien, hat zum Beispiel einen Modal Split, von dem viele andere Städte nur träumen können: Mehr als 70% aller Wege in einer Woche werden mit dem Fahrrad oder zu Fuß zurückgelegt. Noch immer teilen Autos, Fahrräder und Fußgänger den Straßenraums weitgehend unter sich auf. Jedoch hat sich die Anzahl der in der Region Shkodra registrierten PKW zwischen 2001 und 2009 mehr als verdoppelt (von 8.790 auf 18.800); der Autoverkehr im Stadtzentrum von Shkodra hat sich innerhalb von 10 Jahre aller Wahrscheinlichkeit nach sogar verdreifacht. Dabei ist die Tradition des Fahrradverkehrs ein großer Vorteil, auf den die Stadt in ihren Bestrebungen zum Mobilitätsmanagement zurückgreifen kann. Das kürzlich abgeschlossene EU – Projekt Mobalb wurde in einer Kooperation zwischen Shkodra und Flandern durchgeführt, um das Personal der Stadtverwaltung von Shkodra auf den Einsatz von Maßnahmen des Mobilitätsmanagements vorzubereiten und somit Shkodra’s Identität als „Fahrradstadt“ zu erhalten und dem Trend wachsenden KfZ – Verkehrs entgegenzuwirken.

Zuerst eine autofreundliche Infrastruktur aufzubauen und dann mit MM zu beginnen ist also keineswegs eine Notwendigkeit. Dennoch braucht es gute Alternativen zum Auto, um in der Lage zu sein, das Verhalten von Nutzer/-innen tatsächlich zu verändern: Öffentlicher Nahverkehr, Radwege, alte und neue „Shared Space“-Bereiche , Fußgängerzonen und generell eine fußgängerfreundliche Infrastruktur.

 

Mit Standorten beginnen



Als die Niederlande im Jahr 1986 erstmals Maßnahmen des MM einsetzten, lag der Fokus primär auf der Verringerung der KfZ – Nutzung im Geschäfts- und Pendlerverkehr zu bestimmten Arbeitsplatzstandorten. Der Erfolg von Betriebsmobilitätsplänen– eine um 20 bis 30% verringerte Nutzung des Autos – führte zu einer strukturellen Verankerung von MM in der Verkehrspolitik. In ähnlicher Weise begannen 1995 einige Arbeitgeber, Regierungsbehörden und Krankenhäuser in Großbritannien mit der betrieblichen Mobilitätsplanung (‚green commuter plans‘). Der Erfolg dieser Maßnahmen übertrug sich schnell auch auf Standorte von Schulen, Flughäfen und Freizeiteinrichtungen.

Schulen und Arbeitsplatzstandorte sind ideal,, um mit der Implementierung von Maßnahmen des MM zu beginnen, denn diese generieren bis zu 60 Prozent der täglich zurückgelegten Wege. Diese Wege folgen in der Regel jeden Tag dem gleichen Schema (Routen, zeitliche Lage) so dass ggf. ein möglicher Wechsel zu einem anderen Verkehrsträger recht einfach gestaltet werden kann. Diese Institutionen verfügen außerdem über ausreichend Möglichkeiten, alle zugehörigen bzw. die Maßnahmen infrage kommenden Personen anzusprechen. Jedoch kann es manchmal schwierig sein, diese von den Vorteilen bzw. einer Teilnahme zu überzeugen. Unterstützung auf der nationalen Ebene kann dabei behilflich sein. In Deutschland wurde z.B. auf der nationalen Ebene der Grundsatz eingeführt, dass jede Struktureinheit (Unternehmen, Schule, Behörde etc.) selbst für den Verkehr verantwortlich ist, den sie verursacht.

 

Mit kleinem Budget starten





Die Stadt Fagaras (Rumänien) entwickelte – zunächst beginnend mit Schulen - ein kleineres Vorhaben im Rahmen einer Trainingsveranstaltung des EU-Projektes TRANSPORT LEARNING, dass auch in der Umsetzung kontinuierlich durch TRANSPORT LEARNING – Trainer begleitet wurde. Das Ergebnis – die ‚I walk to school’ – Kampagne – erwies sich als eines der erfolgreichsten Mini-Projekte, die von den Teilnehmern der insgesamt 64 TRANSPORT LEARNING – Trainingevents entwickelt wurde. Es beinhaltete:

  • Ein Traffic Snake Game („Verkehrsschlangenspiel“, unter der Mitwirkung von 500 Kindergartenkindern und 2000 Schüler/-innen)
  • Einen „Bus auf Füßen“ (an dem sich 500 Mittel- und 200 Oberschüler/-innen beteiligten)

Die Initiative zog beachtliche Aufmerksamkeit lokaler Medien auf sich (siehe auch TV – Nachrichten auf Rumänisch. Einige der beteiligten Schulen haben diese Aktionen auch nach dem offiziellen Ende der Kampagne fortgesetzt.

Das EU-Projekt TRANSPORT LEARNING (2011-2013) unterstützte Angestellte von Stadtverwaltungen und Kommunen in der Erarbeitung besserer Lösungen für städtische Verkehrssysteme. Die Trainingsmaterialien (Handbücher und Präsentationen in neun Sprachen) sind inzwischen umsonst für jedermann zugänglich.

 

Selbstgemacht: auf die eigene Kommune übertragen


CIVITAS – Aalborg Source: www.civitas.eu

Der wahrscheinlich beste Weg, lokale Akteure zu begeistern und einzubinden, ist, selbst mit gutem Beispiel voran zu gehen. Also warum nicht mit den Beschäftigten der eigenen Stadtverwaltung anfangen? Die Förderung von Fahrgemeinschaften, die Möglichkeiten der öffentlichen Nutzung des städtischen Fahrzeugparks nach Dienstschluss, ein Pool von Fahrrädern für dienstliche Wege: selbst Erfahrungen zu sammeln schafft für Gemeinden bessere Voraussetzungen, diese Praktiken innerhalb ihres Gebiets zu fördern. Einige Beispiele für erfolgreiche Initiativen kleinerer Städte und Gemeinden in Schweden finden Sie hier. In der Gemeinde Växjö müssen die einzelnen Abteilungen für jede Tonne CO2, für deren Emission sie verantwortlich sind, 11 Euro (100 SEK) in einen internen Klimafonds einzahlen. Schon im ersten Jahr wurden auf diese Weise 45.000 Euro eingesammelt. Alle städtischen Behörden und Unternehmen können sich um Gelder aus dem Fonds bewerben, um damit innovative Klimaschutzprojekte zu unterstützen.

 

Nachhaltige Mobilität sichtbar machen


Source: CIVITAS Zagreb

Bei MM geht es darum, menschliche Denkweisen im Sinne nachhaltiger Mobilität und gesunder Lebensumfelder zu verändern. Im Straßenraum sichtbar MM-Maßnahmen helfen, unter Bürger/-innen ein Bewusstsein für das Thema Mobilität zu schaffen.

In Deutschland begann das MM-Zeitalter 1991 mit der Einrichtung von Mobilitätszentralenin Hameln und Frankfurt, wo sich Reisende über nachhaltigen Verkehr informieren konnten. Die CIVITAS-Stadt Zagreb in Kroatien wandelte einen alten Straßenbahnwagon in einen „Info Point“ um, an dem Bürgerinnen und Bürger kontinuierlich über CIVITAS-Maßnahmen in ihrer Nachbarschaft informiert wurden und der gleichzeitig als Sammelstelle für Anregungen und Feedback diente (siehe auch das CIVITAS Toolkit für effektive Kommunikation und Marketing, S. 24-25). In verschiedenen CIVITAS-Städten wurde CIVITAS zu einer Marke, die verschiedenste Projekte zur Förderung nachhaltiger Mobilität in der jeweiligen Stadt vereinte und für die Öffentlichkeit sichtbar machte. Die Europäische Woche der Mobilität ist ein weiteres sehr beliebtes Instrument, um lokale Akteure zusammenzubringen sowie öffentliche Aufmerksamkeit für das Thema nachhaltige Mobilität zu schaffen.

 

Die Hebelwirkung anderer politischer Maßnahmen und Ziele nutzen


CIVITAS Source: www.civitas.eu

Eine weitere Möglichkeit der Verankerung von MM besteht darin, dies begleitend zu weithin akzeptierten „harten“ Maßnahmen wie z.B. dem Bau neuer Infrastruktur einzuführen. So bekam MM etwa in den Niederlanden enorme Unterstützung während der Durchführung umfangreicher Bauarbeiten für zwei Ringstraßen in der Nähe von Amsterdam: Durch ein effektives Maßnahmenpaket konnten Behinderungen auf ein Mindestmaß reduziert werden. Dies führte zu einem neuen „Glauben“ an MM. Heute sind MM-Maßnahmen fester Bestandteil bei der Umsetzung großer Infrastrukturprojekte durch die nationale Straßenverkehrsbehörde Rijkswaterstaat (lesen Sie mehr dazu im EPOMM - Buch).

Wenn sich Verwaltungen bereits aktiv in den Bereichen Klimaschutz (z.B. Covenant of Mayors) und Gesundheitsvorsorge (lesen Sie auch das ENDURANCE e-update zu Gesundheit), engagieren, dann können MM-Maßnahmen auch in diese Konzepte und Pläne Eingang finden.

 

Schwierigkeiten


Source: www.eltis.org


Um MM weiter voranzubringen, haben sich bislang 11 europäische Länder in der EPOMM zusammengeschlossen

Wie der 2012 von der EPOMM aufgestellte, EU-weite Monitor Mobilitätsmanagement (S.6) zeigt, haben viele Staaten noch immer mit der Definition von MM und der Übersetzung des Begriffs in ihre lokalen Sprachen zu kämpfen. Manche Länder benutzen andere Namen: „Reiseplanung“, „smart travel“, „nachhaltige Mobilität“ oder „Grüner Reisen“. Daneben fällt MM - national unterschiedlich - in den Zuständigkeitsbereich von einem oder auch vier oder fünf verschiedenen Ministerien. Während dies für Verwirrung sorgt, illustriert es gleichzeitig die Relevanz von MM in Angelegenheiten von nationaler Bedeutung, sei es Verkehr, Umwelt, Infrastruktur oder Gesundheit – um nur wenige zu nennen.

In vielen Städte oder Ländern, die mit der Umsetzung von MM erst am Anfang stehen, verfolgen politische Akteure häufig noch immer andere Ziele: eine einseitige Förderung des MIV, eine bevorzugte steuerliche Behandlung von Firmenwagen und Pendlern, die den Pkw nutzen sowie die selbstverständliche Bereitstellung kostenloser Parkplätze. Die große Kosteneffektivität von MM glaubhaft zu machen bleibt daher eine Herausforderung, auch wenn der Beweis dafür immer häufiger erbracht werden kann (Lesen Sie zum Beispiel die Präsentation von Mobiel 21 auf der ECOMM 2013 oder die Broschüre zu Weiche Maßnahmen – harte Fakten aus Großbritannien.

Länder, die MM in ihre nationale Agenda eingebunden haben, sind oftmals Spitzenreiter. In vielen Ländern ist MM jedoch primär eine Aufgabe von Regionen und Gemeinden. Die dahingehend am besten abschneidenden Länder sind häufig diejenigen, die durch ein klares und effizientes Programm unterstützt werden. Der Beitritt der jeweiligen nationalen Regierung zu EPOMM ist ein wichtiger Schritt, um MM auch in Ihrem Land einzuführen und unmittelbaren Zugang zu Wissensaustausch und Know-how erfahrener Länder zu bekommen. Als Appetitanreger präsentiert das kürzlich erschienene EPOMM - Buch viele „Best Practice“-Beispiele aus den 11 EPOMM – Mitgliedsländern.

 

Vernetzen Sie sich!


Source: www.civitas.eu

Mit einfachen und für sich stehenden Maßnahmen zu beginnen ist ein möglicher Weg, erste Erfahrungen auf dem Gebiet des MM zu sammeln und gleichzeitig das Konzept nachhaltiger Mobilität in Ihrer Stadt oder Gemeinde einzuführen. Ab einem gewissen Punkt ist es jedoch sinnvoll, MM als essentiellen Bestandteil lokaler Verkehrspolitik zu integrieren, vorzugsweise in einem Stadtmobilitätsplan (SUMP).

Dabei müssen Sie das Rad natürlich nicht neu erfinden. Es gibt eine Vielzahl an Möglichkeiten, von anderen erfahreneren Städten, Regionen und Ländern zu lernen:

 

Bevorstehende Veranstaltungen

 

Weitere Veranstaltungshinweise finden Sie im EPOMM - Kalender.

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