EPOMM e-update August 2018
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Liebe Leserin, Lieber Leser,

Im Viertel, im Quartier, im Grätzel, kurz: in der Nachbarschaft, da leben die Menschen, da hätten sie gerne eine nette (Straßen)Umgebung mit Shops, Cafés und Nahversorgung, sozial sicher und ohne Kriminalität, mit guten Verbindungen oder auch guten Parkmöglichkeiten. Auf Nachbarschaftsniveau finden sich auch oft lokale Initiativen und Gruppen, die sich bemühen, bestimmte Aspekte zu verbessern, z.B. ruhigere Straßen, bessere Architektur, weniger Parkplätze, mehr Parkplätze, mehr Grün etc. BürgerInnenbeteiligung bietet sich an, stellt aber auch eine Herausforderung dar, zumal es große Unterschiede hinsichtlich kulturellem Hintergrund, demografischer Entwicklung, wirtschaftlichem Potenzial und sozialer Bedingungen gibt.

Zumal Städte nicht mehr nur von PlanerInnen, sondern auch von den Einwohnerinnen selber geplant werden, wirft dieser EPOMM e-update ein Schlaglicht auf Mobilitätsinnovationen „im Grätzel“.

 

„Wohlfühlen“ als legitimes und notwendiges Politikziel


Image: © Bergschaf

Es wird eine Menge über gesunde, aktive und lebenswerte Städte geredet, aber wie kann man sie so gestalten? Eine Stadt mit angenehmen Spielplätzen, eine Stadt wie ein riesiger Sportplatz, eine Stadt zum sicher Aufwachsen und zum angenehm Altwerden, wo Radfahren überall gefahrlos möglich ist. Die Aktive Stadt, ein Plan der Stadt Amsterdam , zeigt, wie solch eine Stadt aussehen kann. Er zeigt inspirierende Beispiele und Gestaltungswerkzeuge und beinhält Artikel unterschiedlicher ExpertInnen.

In seinem Buch ‘Die glückliche Stadt’, argumentiert Montgomery das die glückliche Nachbarschaft, die grüne Nachbarschaft und die annähernd dekarbonisierte Nachbarschaft ein und derselbe Platz sein kann.

Plan und Buch zeigen beide, das Politikgestaltende rund um die Welt den Wohlfühlfaktor als legitimes und notwendiges Politikziel ansehen.

 

Aktive Mobilität hilft, urbane Viertel zu verändern


Source: City of Cologne

Altstadt-Süd ist ein dichtverbautes Viertel in Köln, Deutschland. Zu Fuß gehen und Radfahren werden durch mehrere Maßnahmen unterstützt.

Dabei wurden Fahrspuren für Autos in Radfahrstreifen umgewandelt, Hindernisse für FußgängerInnen entfernt, bessere Abstellmöglichkteiten für Räder geboten sowie eine FußgängerInnenstrategie mit den AnwohnerInnen erarbeitet.

Neue Mobilitätsstationen kombinieren Car-Sharing mit Rad- und Transportradverleih. Auch Nachbarschaftsprojekte wurden von Non-Profit Organisationen initiiert mit dem Ziel, den öffentlichen Raum zu verbessern. Parkplätze sollen z.B. von AnwoherInnen und Gastronomen umgestaltet werden. Zum Projektabschluss werden die neu gestalteten Flächen in einem Festakt präsentiert.

Das Demonstrationsprojekt Altstadt-Süd läuft im Rahmen der Feldforschung Aktive Mobilität in urbanen Quartieren des bundesweiten Programms Experimentelles Wohnen und urbane Entwicklung.

 

Real-life Mobilitätsforschung im aspern.mobil LAB - Wien


www.mobillab.wien

Die WienerInnen sind stolz ob der hohen Lebensqualität ihrer Stadt. Innovation ist essential, um diese Qualität zu erhalten, wo doch die Stadt permanent wächst. Mit ihrer ‚Smart City Wien Rahmenstrategie‘ hat sich Wien genau dazu verpflichtet. Eines ist aber klar: bei innovativen Lösungen geht es nicht nur um technischen Fortschritt. Eine Stadt ist nur dann ‚smart‘, wenn alle profitieren und der Fokus der Innovationen auf den Menschen und ihren Bedürfnissen liegt. Neue Herangehensweisen, das nachbarschaftliche Leben im urbanen Umfeld zu verbessern und umweltfreundlicher zu machen, werden in der Seestadt Aspern getestet, einem neuen großen Stadtviertel, das bis 2028 fertiggestellt sein wird.

Die EinwohnerInnen und Nutzerinnen der Seestadt gehen dabei neue Wege, im wirklichen wie auch übertragenen Sinn. Die Mission des aspern.mobil LAB ist es, umweltfreundliche Lösungen für urbane Mobilität zu schaffen, basierende auf Forschung, Analyse und Ausprobieren im alltäglichen Leben. Dabei sind nicht nur ForscherInnen involviert: ein Gutteil der Projekte besteht aus der Zusammenarbeit mit AnwohnerInnen und lokalen Geschäften und Unternehmen. Sie sind die ExpertInnen vor Ort, die das Lab mit Input versorgen, wann, wie und wo sie sich durch ihr Viertel bewegen wollen.

 

Quartiersverträge zu Nachhaltigkeit in Brüssel


Jonction (2014-2018)

Die Region Brüssel hält es für wichtig, sowohl neue Viertel zu bauen als auch alte zu renovieren und zu beleben. Daher hat die Region die ‚Quartiersvertäge‘ eingeführt mit Aktionen, die zeitlich und örtlich begrenzt sind. Abgeschlossen werden sie zwischen Region, Gemeinde und den EinwohnerInnen eines Viertels. Finanziert wird ein definiertes Maßnahmenprogramm zu den Themen, Wohnen, öffentlicher Raum, Infrastruktur und soziale initiativen

Ein Beispiel ist das Jonction Viertel, das den bereits 16. Quartiersvertag Brüssels abgeschlossen hat. Das Jonction Viertel entwickelte von 2014-2018 ein Pilotprojekt, welches die nächste Umgebung um die Nord-Südachse lebenswerter machen sollte. Darüber hinaus werden neue Sportinfrastruktur, zwei Plätze für Kleinkinder, und verschiedene Wohngelegenheiten gebaut.

Für vier Jahre stärken unterschiedliche sozio-ökonomische Projekte die Identität der Nachbarschaft, den sozialen Zusammenhalt, die Lebensqualität sowie den Wohlstand der AnwoherInnen.

 

Kinder als „Mit-Schöpfer“ für nachhaltige Nachbarschaften


© CIVITAS Metamorphosis - www.metamorphosis-project.eu

Wäre Stadtentwicklung ohne Kinder nachhaltig? Das Europäische Projekt CIVITAS Metamorphosis startet mit der Vorgabe, dass, wenn in einer Nachbarschaft viele Kinder draußen sind, dies ein wichtiger Indikator für gute, nachhaltige Gestaltung ist, die sich an den Bedürfnissen der Menschen orientiert. Die aktive Einbindung von Kindern als „Schöpfer“ urbanen öffentlichen Raumes ist eine Schlüsselinnovation und Kernpunkt des Projekts.

Workshops in den sieben Partnerstädten innerhalb der letzten Monate haben Kindern eine Stimme gegeben, um Erfahrungen und Ideen einbringen zu können zur Findung innovativer Lösungen. Ein klares Ergebnis war, dass Autos keine Rolle in den Wünschen der Kinder spielen, wenn es um Straßengestaltung geht. Aber auch Erwachsene ziehen es in ihrer nächsten Umgebung vor, sicherere, grünere und angenehmere Bedingungen vorzufinden, wo Radfahren und Zugfußgehen sicher und angenehm ist und weder parkende noch fahrende Autos den Ton angeben. Mit der Einbindung von Kindern kamen neue nachhaltige Ideen ans Licht, die nun realisiert werden sollen, zuerst temporär und falls sie sich bewähren, dauerhaft.

Weitere praktische Beispiele zur Umwandlung im Quartier finden sich auf der Metamorphosis Website.

 

Mobilität als Sport und Spiel


© CIVITAS MUV - www.muv2020.eu

Die urbane Mobilität auf Nachbarschaftsniveau zu verbessern ist eine Herausforderung, bedingt durch die Eigenschaften der betroffenen Areale (Größe, Lage, Anbindung an den Rest der Stadt), die verfügbaren Mobilitätssysteme und Infrastrukturen (ÖV-Linien, Radverleihstationen, Parkplätze etc.).

Daher braucht es einen breit gefächerten Zugang. Einerseits müssen die individuellen Bedürfnisse bedacht werden, Mittel und Wege gefunden werden, um die Mobilität nachhaltiger zu gestalten. Andererseits ist es auch von Bedeutung, Verwaltungen zu stärken, um eine menschengerechte Verkehrspolitik implementieren zu können, keine autogerechte.

Genau das will das Projekt CIVITAS MUV - Mobility Urban Values. Durch ein Spiel, das nachhaltige Mobilität als Sport darstellt, wird versucht, eine Änderung des individuellen, lokalen Mobilitätsverhaltens zu erwirken. Gleichzeitig werden anonymisierte Mobilitätsdaten gesammelt und den lokalen Verwaltungen zur Verfügung gestellt, um strategische Mobilitätspläne umsetzen zu können.

Offen zugängliche MUV–Lösungen gibt es für Amsterdam, Barcelona, Fundão, Ghent, Helsinki und Palermo.

 

Nachbarschaft ist, wo sich das tägliche Leben abspielt


© Maya Tapiero - sunrise.baka@gmail.com

Im Projekt CIVITAS SUNRISE, arbeiten sechs Nachbarschaften zusammen für den Mobilitätswandel! Gemeinschaftsgetriebene Initiativen werden immer häufiger in vielen europäischen Städten. Die Menschen haben das Bedürfnis, ihre Stadtumgebung mitzugestalten und sich über Best Practices auszutauschen. Dies kann sich in vielfältigster Form ausdrücken, z. B. in Gemeinschaftsgärten, Wohnprojekten oder Bürgerinitiativen zur Reduktion des MIV.

Der innovative Zugang von CIVITAS SUNRISE liegt in der konkreten Einbindung der EinwohnerInnen in allen Projektphasen zur Identifizierung und Mitgestaltung nachhaltiger Mobilitätsinitiativen. Ein Beispiel? Dank der Einbindung aller Akteure zweier Grundschulen wurde die PediBus-Initiative im Baka Viertel (Jerusalem) ein Erfolg: 40 Prozent der Schülerinnen werden von ihren Eltern am Schulweg zu Fuß begleitet, verglichen mit nur 7% zuvor. Nebenbei ist das natürlich auch ein Beitrag zur Reduktion von Stau und Abgasen und zur Hebung der Verkehrssicherheit.

Durch Ideen, die auf eine Karte gepinnt werden und durch Vor-Ort Workshops werden in Neo Rysio (Thessaloniki/Griechenland) auch Gruppen erreicht, die sonst nicht an Gemeinschaftsprozessen partizipieren, so z.B. auch ältere Personen in den Vorstädten. SUNRISE hat als “capacity building“-Initiative mit einigen Vorbildstädten gestartet. Es gibt aber noch Platz für fünf weitere Städte!

 

Schlussfolgerung


© Karin Gellner

Es gibt zahlreiche Initiativen, mit deren Hilfe Menschen in Nachhaltigkeitsprojekte und die Attraktivierung ihrer Wohnviertel bzw. Nachbarschaft eingebunden werden. Urbanen Quartieren kann das gelingen, indem sie den Menschen eine wichtige Frage beantworten: ‘Was bringt mir das?’

Oder, wie es Jane Jacobs in ihrem Buch “The Death and Life of Great American Cities” formuliert hat: „Cities have the capability of providing something for everybody, only because, and only when, they are created by everybody.”

 

Veranstaltungen

Für weitere Veranstaltungshinweise besuchen Sie bitte den EPOMM Kalender.

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