EPOMM e-update November 2015
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Liebe Leserin, Lieber Leser

Eine der „legendären“ Mobilitätsmanagementmaßnahmen ist zweifellos die personalisierte Mobilitätsberatung bzw. Mobilitätsplanung, bei dem ein Team von Interviewern von Tür zu Tür geht, um die Mobilitätsgewohnheiten der Menschen zu ändern. Es ist ein zeit- und kostenintensives Verfahren, aber -wenn mit Bedacht ausgeführt- kann es einen wesentlichen Einfluss auf den Modal Split haben. Für diesen e-update gibt uns das Projekt PTP-Cycle einen Überblick über die Geschichte der PMP und die wichtigsten Komponenten, die ein PMP-Projekt erfolgreich machen.

 

Was ist personalisierte Mobilitätsplanung?


In Gespräch in Burgos, Spanien. Foto mit freundlicher Genehmigung: PTP-Cycle

Werner Brög, der Gründer des Beratungsunternehmens Socialdata, dem Pionier in der Entwicklung von Iniviualisiertem Marketing, sagte einmal in einem Interview:

"Es gibt eine Alternative da draußen", sagt Brög, auf Busse, Radwege und U-Bahn-Stationen zeigend", aber nicht da drinnen", sagt er und deutet auf seinen Kopf. "Verkehrsplaner wollen das beheben (zeigt wieder aus dem Fenster), aber wir würden sagen, es ist viel einfacher, das „Problem“ im Kopf zu beheben."

Personalisierte Mobilitätsplanung spricht genau das an: die Bereitstellung von Informationen, Anreizen und Motivation, um den „Schalter“ im Kopf umzulegen. PMP ermutigt damit die Menschen, über die Art, wie sie zur Zeit mobil sind nachzudenken, und zeigt die Möglichkeiten und Vorteile der nachhaltigen Mobilität auf - auf sehr individuelle und damit motivierende Weise.

PMP wurde in Deutschland und Australien entwickelt und seit den 1990er Jahren in großem Umfang umgesetzt (siehe detaillierte Beschreibung hier paper). Während Personalised Travel Planning (PTP) der am häufigsten verwendete Begriff in Großbritannien ist, hat sich "Travel Blending" in Australien und "Travel Feedback Programme" in Japan sowie "individualised travel marketing" in den USA etabliert. Die Terminologie wird durch eingetragene Markennamen auf bestimmte PMP Methoden in bestimmten Ländern, wie zum Beispiel Indimark® und TravelSmart®, erweitert.

 

Wie funktionierts?


Tür-zu-Tür-Feldforschung in Haringey, Vereinigtes Königreich. Foto mit freundlicher Genehmigung von PTP-Cycle

PMP wird in der Regel in großen Wohngebieten durchgeführt, bestehend aus mehreren tausend Haushalten. Die Hauptinteraktion in einem PMP-Schema ist das Beratungsgespräch vonMobilitätsberatern in einem Haushalt. Der Mobilitätsberater fordert den Beratenen auf, alle Hindernisse im Bezug auf nachhaltigen Verkehr für seine regelmäßigen Fahrten zu identifizieren und bietet Informationen und Unterstützung, genau auf diese Bedürfnisse einzugehen. Durch die Identifizierung ihrer eigenen Barrieren und Lösungen sind die Beratenen „Herr der Lage“ und können ihr Mobilitätsverhalten aus eigenem Antrieb ändern. Das macht die Beratung individuell und sehr persönlich! Die Mobilitätsberater bringen Materialien mit, um ihnen dabei zu helfen, zum Beispiel Busfahrpläne und –karten, Fuß- und Radwegepläne und kostenlose Testtickets („Schnuppertickets“) für den ÖV. Ein maßgeschneidertes Mobilitätspaket wird erstellt.

In den letzten Jahren wurde die Methode auch an Arbeitsstätten, Schulen, Universitäten, etc. angewandt. Das EU-Projekt PTP-Cycle hat diese verschiedenen Ansätze gesammelt und untersucht, wie PMP zu einer weiteren Verbreitung des Radfahrens in Städten beitragen kann.

 

PMP-Methodik


Außenstelle in Greenwich, Vereinigtes Königreich. Foto mit freundlicher Genehmigung von PTP-Cycle


PTP-Cycle-Materialien in Riga, Lettland. Foto mit freundlicher Genehmigung von PTP-Cycle

Die wichtigsten Schritte zur Durchführung eines PMP-Projekts sind im PTP-Cycle Planungshandbuch und in der Implementierungsvorlage beschrieben. Einige Highlights:

  • Eine Scoping-Phase von 6-8 Wochen definiert Ziele, Projektumfang und Projektareal und analysiert, welche Informationen zu nachhaltigen Verkehrsmitteln leicht zu erhalten sind bzw. was an Informationen fehlt oder schwer zugänglich ist. Es werden auch alle Ausgangsdaten zum Mobilitätsverhalten und die Kenntnisse der Zielgruppe über nachhaltige Transportmöglichkeiten analysiert.
  • Dann werden eine Personendatenbank sowie Berichtsformate eingerichtet.
  • Das Marketing beinhaltet das Sammeln und die Entwicklung der Informationsmaterialien sowie Anreize als auch die Bekanntmachung des PMP-Projekts.
  • Der nächste Schritt ist die Einrichtung einer Außenstelle und der Rekrutierung und Ausbildung von Personal, insbesondere von MobilitätsberaterInnen. Eine Außenstelle dient dazu, im Beratungsgebiet Präsenz zu zeigen, als Knotenpunkt für die Feldarbeit und als Lagerplatz für die Marketing-Materialien zu fungieren. Dies ist entscheidend für den Erfolg des Projekts.

Das PTP-Cycle Projekt hat ein umfassendes Set von Trainingsunterlagen und Handbüchern entwickelt, ein a Mobilitätsberatungstrainingshandbuch, sowie Checklisten um Städten zu helfen, ein PMP-Projekt für Wohnarealel, Arbeitsstätten und Universitäten aufzusetzen.

Städte, die gerne mehr über diesen Ansatz erfahren möchten, können die kostenlosen PMP-Trainings am 18 November in Anspruch nehmen.

 

Angewandte Mobilitätsberatung


PMP Gespräche in Haringey, Großbritannien. Foto mit freundlicher Genehmigung von PTP-Cycle

Wie funktioniert personalisierte Mobilitätsberatung vor Ort? Was sind die Regeln, um erfolgreiche Mobilitätstipps vermitteln zu können? Wie können Berater bei den Befragten mehr Interesse am Thema wecken? Eine gründliche Ausbildung der Berater ist unerlässlich für den Erfolg von PMP-Projekten. Die Beratungsgespräche basieren auf motivierenden Interview-Techniken. Mobilitätsberater lernen, offene Fragen zu stellen, nicht wertend zu sein und lassen der beratenen Person Raum, eigene Lösungen zu finden. Sehen Sie sich die YouTube-Videos an, wo Jenn und Chris von sustrans gute and schlechte Beratungsgespräche führen.

 

Konkrete Beispiele für PMP-Programme


Quelle: www.eltis.org

Im Jahr 2003 hat das britische Verkehrsministerium (DfT) 14 Pilotprojekte teilfinanziert, um zu prüfen, wie PMP die Abhängigkeit vom privaten Pkw reduzieren kann. Nützliche Empfehlungen, Tipps und Tricks aus diesen ersten Pilotprojekten sind in Making Personal Travel Planning Work: Practitioners’ Guide zusammengefasst.

Weitere Beispiele:

  • Brighton und Hove Council, Vereinigtes Königreich, hat seit 2006 rund 100.000 Menschen beraten und ihr PMP Projekt wird 2015 fortgesetzt Lesen Sie die the Eltis Fallstudie.
  • In South Dublin County, Irland wurde das erste PMP Projekt 2009 [in Adamstown durchgeführt. Weitere PMP-Initiativen wurden in 2011 und 2012 entwickelt.
  • Liftshare, eine Mitfahrzentrale in Großbritannien entwickelte ein webbasiertes PMP Tool. Pilotprojekte an drei Arbeitssätten zeigen, dass persönliche soziale Interaktion ein wesentliches Element in jedem PMP Schema ist.
  • In Göteborg, Schweden wurde zwischen 2012 - 2014 das PMP-Programm "Neue Mobilitätsgewohnheiten in der Region“ durchgeführt

Erfahrungen der PTP-Cycle-Projektstädte:

  • Im Rahmen ihrer Smarter Travel Kampagne (Video in englischer Sprache), hat das London Borough of Haringey, Vereinigtes Königreich, 2014 PMP Beratungsgespräche mit mehr als 3.500 Einwohnerinnengeführt und die Verwendung von Tablets getestet, um genauere Daten zu erhalten und Kosten für die Dateneingabe zu senken.
  • Royal Borough of Greenwich, Vereinigtes Königreich hat eine neue lokale Karte entwickelt unter Einbeziehung von Fahrradrouten, Fußwegen, öffentlichen Verkehrsmitteln und lokalen Einrichtungen. Die Karte enthielt auch grundlegende Informationen über die Vorteile von aktiver Mobilität und wie man am besten anfängt, sein Mobilitätsverhalten zu ändern. Lesen Sie die Eltis Fallstudie.
  • Um Staus entgegenzuwirken, die sich aus großen Straßenbauarbeiten in Antwerpen, Belgien, zu ergeben drohten, hat die städtische Verkehrsabteilung maßgeschneiderte Mobilitätsleitfäden (Link auf Niederländisch) für sechs Arbeitsstätten entwickelt und Mobilitätsberater haben PMP Beratungsgespräche mit fast 3.200 Personen geführt.
  • Eine Facebook Seite und die Verlosung (Links auf Spanisch) eines Elektro-Fahrrads hatten einen positiven Impuls auf PMP-Maßnahmen in Burgos, Spanien, wo 15 begeisterte Studenten (von Experten geschult) mit Tausenden von Bürgern Beratungsgespräche geführt haben. Lesen Sie die Eltis Fallstudie oder sehen Sie das Video.
  • Universitäts-PMP wurden für rund 1.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Universität Laibach, Slowenien erstellt.
  • Ansätze zur Änderung des Mobilitätsverhaltens werden selten in den neuen Mitgliedstaaten durchgeführt. Doch zwei Bezirke in Riga, Lettland, haben 2014 PMP-Pilotprogramme durchgeführt. Mit fast 2.030 Haushalten und 1.130 Besuchern öffentlicher Veranstaltungen wurden PMP-Gespräche geführt.
 

Wie effektiv ist PMP?


Dateneingabe in Greenwich. Foto mit freundlicher Genehmigung von PTP-Cycle


Titelbild des Antwerpener Mobilitätsleitfadens.

Es gibt eine Menge positiver Auswirkungen von PMP, sowohl kurz- als auch langfristige:

  • Das erste groß angelegte Projekt in Perth, Australien zeigte eine Reduktion von 14% bei den Autofahrten. Für eine sehr genaue Analyse (auch auf segmentierte Zielgruppen mit verschiedenen Mobilitätsverhaltensweisen) siehe Smarter Choices – Changing the Way We Travel. Um einen leichter lesbaren Bericht anzusehen, siehe diesen Bericht
  • Im Jahr 2008 erreichten PMP-Projekte in 300.000 britischen Haushalten eine Reduktion von 11% der Autofahrten (Summary report ). Sustrans zielte auf 400.000 Haushalte und erreichte auch eine durchschnittlich 11%-ige Reduktion der Autofahrten, und erhöhte den Anteil des zu Fuß Gehens, des Radfahren und des öffentlichen Verkehrs zwischen 14% und 33%. Das Kosten-/Nutzenverhältnis betrug 7,6 : 1.
  • Die Antwerpen- Präsentation bei der ECOMM 2015 zeigte positive Zwischenergebnisse bei den Beratenen, gemessen durch MaxSem . Bei der Firma Den Bell konnte der Modal Split des Radverkehrs von 28 bis 35% gesteigert werden, während die Pkw-Nutzung von 28% auf 15% zurückgegangen ist.
  • Steer Davies Gleave hat vor kurzem zwei seiner PMP Projekte, in Thurrock und Cheltenham, UK erneut evaluiert. Zwei Drittel der Teilnehmer hatten die Veränderung in ihrem Mobilitätsverhalten die sie während des Projekts gemacht hatten, beibehalten, sogar 30 Monate nach Abschluss des Projekts. Die meisten „Rückfälle“ ins angestammte Verhalten passierten in den ersten drei Monaten.
  • Donostia - San Sebastian, Spanien, entwickelte PMP in zwei Bezirken der Stadt während eines CIVITAS-Projekts. Ein Jahr später blieben 77% der beratenen der Änderung ihres Mobilitätsverhaltens treu.
  • Eine Überprüfung der japanischen Mobilitäts-Feedbackprogramme zeigt, dass die Wirksamkeit der Beratungen erhöht wird, wenn Teilnehmer selber Verhaltenspläne zur Änderung ihres Mobilitätsverhaltens erstellen.
  • Auch die One-less-car Programme in Seattle, USA, erzielten gute Ergebnisse bei Haushalten, die die Absicht formulierten, auf die Verwendung eines ihrer Autos für sechs oder neun Wochen zu verzichten.

Monitoring und Bewertung der PMP ist wichtig, weist aber erhebliche Kosten auf. Zeitgenössische PMP-Projekte werden zunehmend mit Technologieplattformen kombiniert mit innovativem Einsatz von Anreizen, um Echtzeit-Performance-Daten zu erhalten und die Kosten zu senken.

 

Beweise für MM: der Fall für PMP





Das EVIDENCE Projekt hat vor kurzem die Glaubwürdigkeit der Evaluierungen von 23 Hauptkategorien nachhaltiger urbaner Mobilitätmaßnahmen - einschließlich PMP- überprüft. Die Forscher identifizierten eine beträchtliche Reihe von Beweisen für die positiven Auswirkungen der PMP. Sie weisen jedoch kritisch darauf hin, dass die Zuverlässigkeit einiger der Auswertungen mangelhaft ist und Berichte über ineffektive PMP- Projekte selten veröffentlicht würden. In der Tat können PMP-Programme allzu leicht schlecht und uneffektiv durchgeführt werden. Es besteht die dringende Notwendigkeit, Fachkräfte zur wirksamen PMP-Programmentwicklung auszubilden und von guten Beispielen zu lernen. Tatsächlich zeigen die vorläufigen Ergebnisse des Projekts PTP-Cycle eine große Bandbreite hinsichtlich der Wirksamkeit in verschiedenen Städten. Die endgültigen Projektergebnisse im Frühjahr 2016 werden zweifellos noch mehr Licht auf die Erfolgsfaktoren eines guten PMP-Schemas werfen.

 

EPOMM Ratschlag


Quelle: www.eltis.org

PMP ist eine kostengünstige Lösung, um jene Menschen anzusprechen, die sowohl die Möglichkeit haben als auch Bereitschaft zeigen, ihr Mobilitätsverhalten zu verändern. Weiters nutzt PMP innovative und überzeugende Motivationstechniken, die zur Beibehaltung der Verhaltensänderung beitragen.

Der PMP Literatur nennt eine Reihe von kritischen Erfolgsfaktoren: Effektivität und Erfahrung der Vor-Ort-Berater, Mediaplanung, Systeme zur strukturierten Bearbeitung von Informationsanfragen, Engagement der öffentlichen Verkehrsunternehmen, wiederholte Versuche, Haushalte zu verschiedenen Tageszeiten zu kontaktieren, den persönlichen Kontakt zu Haushalten, Ziele zu setzen wie etwa die Pkw-Nutzung zu reduzieren, möglicherweise mit finanziellen Anreizen kombiniert.

Ein PMP-Projekt kann eine wesentliche Verlagerung der Verkehrsmittelwahl hin zum Umweltverbund bringen, muss dazu aber gute geplant und aufgesetzt sein. Der beste Rat, den wir geben können ist, PMP als Teil einer ausgewogenen nachhaltigen städtischen Mobilitätsstrategie zu verwenden, anstatt als Stand-alone-Aktivität. Verwenden Sie PMP beispielsweise, um neue Fahrrad- oder öffentliche Verkehrsinfrastruktur bekanntzumachen.

 

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