EPOMM e-update November 2016
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Liebe Leserin, Lieber Leser,

Seitdem die Menschheit den öffentlichen Raum mit Fahrzeugen teilt, ist die Verkehrssicherheit ein heißes Thema. FußgängerInnen und Radfahrende sind am meisten gefährdet und oft ist dies ein wichtiges Hindernis bei der Förderung nachhaltiger, aktiver Mobilitätsmodi. Dieses e-update ist eine Reise in die Geschichte der Verkehrssicherheit und erforscht das Verhältnis zu Mobilitätsmanagement und Nachhaltigkeit.

 

Millionen starben und Millionen werden sterben


Mary Ward, die erste Person von einem Auto getötet. Quelle: www.irishcentral.com


Quelle: www.globalgoals.org

Ein durch Leistung geprägtes Leben eines Menschen kann durch ein singuläres Ereignis überschattet werden, welches ihn oder sie zufällig als erstes trifft: Mary Ward, eine anglo-irische Amateur-Wissenschaftlerin, war einer dieser Menschen. Eine außergewöhnliche Frau, die 1869 das Pech hatte, die erste Person zu sein, die von einem motorisierten Auto getötet wurde.

Heute sterben weltweit mehr als 1,2 Millionen Menschen im Straßenverkehr. Die Zahl steigt nach wie vor langsam an, siehe den Bericht Global status report on road safety der Weltgesundheitsorganisation WHO.

In den Ländern, die derzeit der EU angehören, sind die Todesopfer im Verkehr seit 1991 um knapp 70% zurückgegangen - von mehr als 76.000 auf rund 26.000 letztes Jahr - eine Erfolgsgeschichte schnellerer Notdienste, besserer medizinischer Behandlung, sicherer Fahrzeuge und strengerer Kontrollen , sicherer Straßenplanung, besserer Ausbildung sowie von Verkehrssicherheitskampagnen. Allerdings haben sich die Zahl der Unfälle und die Zahl der Verletzungen in diesen 25 Jahren nur um etwa 25% verringert. Jedes Jahr gibt es mehr als 1 Million Unfälle, die diese 26.000 Todesfälle verursachen, aber auch 1,5 Millionen Verletzungen! Von diesen sind rund 100.000 dauerhaft behindert und 200.000 haben schwere Verletzungen - das passiert jedes Jahr

Trotz der Erfolge sind dies immer noch schreckliche Zahlen. In Städten (die durchschnittlich sicherer als ländliche Gebiete sind) sind etwa die Hälfte der Todesopfer -und sogar noch mehr der schwer Verletzten- Radfahrende und FußgängerInnen - und die überwiegende Mehrheit davon wird verursacht durch Autos. Insgesamt sind sowohl zu Fuß gehen als auch Radfahren dennoch sicherer als Auto fahren.

 

Schwierigkeiten mit der Verkehrssicherheitsstatistik


Zum Vergrößern,bitte auf das Bild klicken

Insgesamt macht die EU einen herausragenden Job, Daten zu sammeln, zu standardisieren und zugänglich zu machen. Dennoch sind die Methoden zur Aufzeichnung sehr unterschiedlich und das selektive "Kirschpflücken" eröffnet viele Möglichkeiten der Interpretation. Um nur drei Beispiele zu nennen:

  • Die österreichische Polizei registriert die Verkehrsunfallursachen elektronisch. In weniger als 4% findet sie Alkohol als Hauptursache für Todesfälle. Allerdings zeigen internationale Vergleichsdaten, dass der Anteil in Wirklichkeit zwischen 20 und 30% liegt. Es wird angenommen, dass die Hauptgründe für diese Diskrepanz darin bestehen, dass Blutuntersuchungen von Getöteten normalerweise nicht vorgenommen werden und dass andere Hauptursachen (wie z. B. Geschwindigkeitsüberschreitungen) auch dann als maßgeblich angesehen werden, wenn die zugrunde liegende Ursache Alkohol war.
  • 13 EU-Länder erfassen auch Krankenhausdaten nach der so genannten EU Injury Database (EU-IDB). Nach Schätzungen auf dieser EU-IDB werden jährlich etwa vier Millionen Menschen bei Verkehrsunfällen verletzt (mehr als doppelt so viel wie laut offizieller Statistik).
  • Radhelmgesetze: Der Anteil der Kopfverletzungen bei AutobenutzerInnen, FußgängerInnen und Radfahrenden ist ungefähr gleich. Niemand würde daran denken, Helme für Fußgänger und Autofahrer obligatorisch zu machen, aber für Radfahrer gibt es zumindest eine Diskussion in fast jedem Land. Die Auswirkungen, Radhelme zwingend vorzuschreiben, sind höchst umstritten - manche meinen, es würde Radfahren sicherer machen, andere unsicherer - sehen sie einige der Argumente hier.

Sehr gute Statistiken finden sich hier: Road Safety pages of the European Commission

 

Mehr Radfahren und zu Fuß gehen machen diese Verkehrsarten sicherer


Quelle: www.ecf.com

Es könnte kontraintuitiv sein: mehr Radfahrende auf der Straße führen zu weniger Radunfällen. Dennoch machen praktisch alle Städte, in denen das Radfahren zunimmt, diese Erfahrung. Wie kann das sein? Die Interpretation ist folgende: Je mehr Radfahrende auf der Straße sind, desto selbstverständlicher werden sie. Autofahrende werden aufmerksamer und toleranter hinsichtlich des Verhaltens der Radfahrenden. Je mehr Menschen Fahrrad fahren, desto wahrscheinlicher ist es, dass die Autofahrenden auch selbst das Rad nutzen und ein noch rücksichtsvolleres Verhalten gegenüber Radfahrenden an den Tag legen. Critical Mass ist ein Aufzeigen der Alternativen zu Autos und basiert auf dieser „Sicherheit in Zahlen.“ (safety in numbers).

Was für Radfahren gilt, gilt auch für das zu Fuß gehen. FußgängerInnen - je mehr, desto sicherer ist es für sie. Eine gute Studie über diese Sicherheit in Zahlen-Beziehung ist „Safety in numbers: more walkers and bicyclists, safer walking and bicycling“.

 

FußgängerInnen und RadfahrerInnen: Feinde oder Verbündete?


Quelle: www.bicigasteiz.com


Foto von Gary Cziko, CC BY-NC-SA 2.0

Um den Radverkehrsanteil zu steigern positionieren Verkehrsplaner Radwege oft auf Fußgängerwegen, da dies oft viel einfacher ist, als den Platz dem Autoverkehr (Parkplatz oder Fahrspuren) weg zu nehmen. Fußgängerzonen in den Innenstädten können Hindernisse für Radfahrende darstellen - so stellt sich oft die Frage, ob dort Radfahren erlaubt werden soll oder nicht - zumal solche Zonen oftmals sichere Radrouten in einem autoorientierten Umfeld bieten. An Orten mit einer hohen Anzahl von FußgängerInnen wird dies unweigerlich zu Unbehagen führen, vor allem seitens der FußgängerInnen. Erfahrung und Forschung zeigen jedoch, dass die Situation bei gutem Design weitgehend selbstregulierend ist. Eine Studie von über 100 Fußgängerzonen in den Niederlanden hat gezeigt, dass die Anzahl der Radfahrenden in solchen Zonen weitgehend unabhängig davon ist, ob Radfahren nun erlaubt ist oder nicht, aber meistens abhängig von der Anzahl der NutzerInnen. Um die Situation zu lindern, gibt es viele Lösungen:

 

Die Gefahren der Ablenkung sind alle zu real


Foto: Pawel Kuczynski

Ablenkung beim Fahren ist eine der häufigsten Ursachen von Straßenverkehrsunfällen auf der ganzen Welt. Eine der häufigsten Ursachen ist die Nutzung von Mobiltelefonen während der Fahrt (auch Freisprechanlagen) use of mobile phones while driving (even when hands-free). Aber Ablenkung ist auch ein Thema für FußgängerInnen und Radfahrende Eine neue Dimension ist die „erweiterte Realität“ (augmented reality) - möglich z.B. durch spezielle Brillen - wie zum Beispiel Google glass.

Aber augmented reality kann sogar durch ein einfaches Smartphone zur Verfügung gestellt werden. Die neueste Spielart, Pokémon GO ist ein frei spielbares, standortbasiertes augmented reality-Spiel nutzen, um virtuelle Kreaturen, geannt Pokémon, die auf dem Bildschirm erscheinen, als wären sie in der gleichen realen Welt wie die Spielenden, zu lokalisiweren, fangen, bekämpfen und trainieren. Veröffentlicht im Juli 2016, wurde es schnell ein globales Phänomen, das von mehr als 130 Millionen Menschen weltweit heruntergeladen wurde.

Einerseits wurde das Spiel für die Förderung der körperlichen Aktivität und der Unterstützung des lokalen Wirtschaftswachstums b, gutgeschrieben, hat aber auch Kontroversen ausgelöst, weil es zu Unfällen oder auch zur Erregung öffentlichen Ärgernisses an einigen Standorten beigetragen hätte.

Es ist klar, dass das Spiel auch einige Gefahren verursacht, sagt Youth For Road Safety (YOURS). "Wir wollen, dass unsere Jugend die Freude am Fangen eines Pokémon genießt, aber wir wissen auch, dass es wichtig ist, auf der Straße umsichtig zu sein und sicher zu bleiben."

 

Planung für eine nachhaltige Verkehrssicherheit


Quelle: www.bmvit.gv.at

Nachhaltige Sicherheit ist der Name des niederländischen Ansatzes, um eine höhere Verkehrssicherheit zu erreichen. Eingeführt und beschlossen von allen Straßenverkehrsorganisationen im Jahr 1992 ist das Ziel, das System grundlegend zu ändern, indem sie eine Person als Maßstab nimmt. Nachhaltige Sicherheit ist viel mehr als nur Infrastruktur. Straßen und Fahrzeuge müssen an die menschlichen Fähigkeiten angepasst werden, und der Mensch muss herangebildet werden, um ein Fahrzeug auf einer Straße sicher betreiben zu können. Der Ansatz basiert auf fünf Prinzipien: Funktionalität und Homogenität, Vorhersagbarkeit, Nachsicht/Vergebung und staatliches Bewusstsein.

Ein nationaler mittel- bis langfristiger Verkehrssicherheitsplan ist eine Voraussetzung für eine nachhaltige Verbesserung der Verkehrssicherheit. Der Plan sollte messbare langfristige und mittelfristige Ziele der Straßenverkehrssicherheit festlegen, die Kapazitäten der lokalen Institutionen aufbauen und alternative Finanzierungsquellen für Maßnahmen im Bereich der Straßenverkehrssicherheit bieten.

Ein Beispiel für einen sehr erfolgreichen Verkehrssicherheitsplan ist das Österreichische Straßenverkehrssicherheitsprogramm 2011-2020) , das dazu beigetragen hat, die Zahl der durch den Verkehr verursachten Todesfälle um fast 50 Prozent zu senken.

Auf internationaler Ebene stellen die WHO hier Straßenverkehrshandbücher und die EU-Komission die Ergebnisse von EU-Projekten und viele weitere Werkzeuge zur Verfügung.

 

Förderung von Verkehrssicherheit


Foto von Tax Credits, CC BY 2.0

Für die Umsetzung von Maßnahmen zur Straßenverkehrssicherheit ist eine nachhaltige Finanzierung erforderlich. In Finnland wurde beispielsweise für die Kfz-Versicherung seit etwa 50 Jahren eine Verkehrssicherheitssteuer erhoben. Mit 1,1 Prozent der Prämien wird der Fonds zur Finanzierung der Arbeit im Bereich der öffentlichen Bildung, Straßenverkehrsinformation und Verkehrssicherheitsförderung eingesetzt. (Quelle: GIZ, The Road Safety Center). Einige Länder wie Österreich or Neuseeland verwenden personalisierte Lizenzplakate zur Finanzierung ihres nationalen Road Safety Trust.

 

Verkehrssicherheitskampagnen und Bildung


Quelle: www.tac.vic.gov.au

"Ich habe keinen Hals, eine versunkene Nase, Airbags zwischen meinen Rippen und Gliedmaßen, die sich in alle Richtungen biegen. Mein Name ist Graham, und ich bin anders ". Er hat alle Körperteile, die ein Mensch bräuchte, um bei einem schweren Verkehrsunfall am Leben zu bleiben, weil der menschliche Körper nicht entwickelt ist, um Stöße mit hohem Aufprall zu überstehen.

Australia’s Transport Accident Commission beschreibt Graham als "ein pädagogisches Instrument, das der Gesellschaft jahrelang dienen wird, um daran erinnern, warum wir ein sichereres Straßensystem entwickeln müssen, das uns schützt, wenn etwas schief geht." Schullehrpläne wurden ebenso entwickelt, um die Lernerfahrung für SchülerInnen und Studierende die Graham persönlich oder online besuchen, zu verbessern.

Das Erlernen von Sicherheitskompetenzen für Kinder kann lebenslangen Nutzen für die Gesellschaft bieten, sollte aber als langfristige Interventionsstrategie gesehen werden. Kinder können sich kurzfristig an die Botschaften erinnern, aber eine effektive und nachhaltige Entwicklung positiver Einstellungen gegenüber der Straßenverkehrssicherheit wird am besten durch die Aufnahme in das Kerncurriculum erreicht, zum Beispiel als fächerübergreifendes Thema, wie etwa im Guide to teach road safety, erstellt von Brake mit Unterstützung des britischen Verkehrsministeriums.

 

Kommende Veranstaltungen

Für weitere Veranstaltungen besuchen Sie bitte den EPOMM Kalender.

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