ENDURANCE e-update April 2014
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Liebe Leserinnen und Leser,

Die Einbindung und Beteiligung von Bürgern und Interessensvertretern am SUMP – Prozess ist notwendig, um auf deren tatsächliche Bedürfnisse eingehen zu können und öffentliche Legitimität zu erlangen. Durch neue Informations- und Kommunikationstechnologien gewinnen Online-Plattformen bei den Methoden der Bürgerbeteiligung immer mehr an Bedeutung. Wir erleben den Anbruch einer Ära der Partizipation 2.0, e-partizipation oder auch crowd-sourced Planung. In diesem e-update wollen wir der Frage nachgehen, was das bedeutet und wie europäische Städte damit in der Praxis umgehen.

Dieses e-update wurde in Kooperation mit dem CIVITAS DYN@MO Projekt (2012-2016) erarbeitet, in dem ICT-basierte Kommunikationstools in den SUMP-Aktivitäten der Partnerstädte eine wichtige Rolle spielen.

Bitte beachten: Die Europäische Konferenz für Mobilitätsmanagement bietet viele Veranstaltungen über nachhaltige urbane Mobilitätsplanung an und nimmt nach wie vor Anmeldungen entgegen. Sie können sich hier einen Überblick verschaffen oder sich direkt registrieren.

 

Was ist Partizipation 2.0?


Photo by Markus Angermeier/Luca Cremonini - CC BY-SA 2.5

Der Begriff geht auf den Ausdruck “Web 2.0” zurück, welcher Internetseiten bezeichnet, die es ihren Usern ermöglichen, miteinander in einer virtuellen Gemeinschaft zu interagieren und Inhalte zu generieren, anstatt diese nur passiv zu konsumieren. Partizipation 2.0 – Methoden unterstützen Beteiligungsprozesse durch Social Media – Gruppen, interaktive Web-Plattformen, Diskussionsforen, Online-Umfragen und mobile Anwendungen. Diese können genutzt werden, um traditionelle Instrumente zu ergänzen und deren Unzulänglichkeiten zu überwinden. Partizipation 2.0 beseitigt räumliche und zeitliche Barrieren und ermöglicht es Bürgern, zu partizipieren und mit anderen Usern zu interagieren, wann immer sie Zeit haben. Sie verfügt über das Potenzial, neue Zielgruppen zu erreichen, insbesondere die sogenannten digital natives. Lesen Sie mehr über die Unterschiede zwischen traditioneller Partizipation und e-Partizipation in diesem Artikel über TheCityFix.

Mit dem richtigen Ansatz (siehe A city’s guide to social media), können soziale Netzwerke wie Facebook, Twitter und blogs dabei helfen, Aufmerksamkeit und Beteiligung in vielen SUMP – Aktivitäten zu steigern. Das kann ziemlich zeitaufwändig sein und Städte sollten zudem darauf vorbereitet sein, mit online geäußerter Kritik umzugehen (Sie können sich vom Buch Civility in the Digital Age von Andrea Weckerle inspirieren lassen und mehr dazu auf eparticipation.eu finden).

 

BürgerInnen informieren


Click on the picture to enlarge

Die Öffentlichkeit über den Planungsprozess und seine Ergebnisse zu informieren bildet die Basis für die Beteiligung der Öffentlichkeit. Städte und öffentliche Verkehrsunternehmen verfügen meistens über ihre eigene Facebook – Seite. Twitter ist praktisch, um Fahrgäste über Störungen und Änderungen im Betrieb zu informieren. Politiker nutzen soziale Medien, um ihre Verdienste zur Schau zu stellen und ihre Anhängerschaft über politische Debatten auf dem Laufenden zu halten.

In Mechelen (Belgien, link in NL) verfügt eine Großbaustelle entlang der Bahnlinie über ihre eigene Website, auf der Informationen entsprechend den Verkehrsmodi gefiltert werden können. Das Projekt hat eine Facebook - Seite, ein hash-tag auf twitter und sogar einen eigenen Kanal auf YouTube. In Riga (Lettland) werden die sozialen Netzwerke Facebook, Odnoklassniki und Draugiem intensiv genutzt, um für Mobilitätsevents wie den jährlichen autofreien Tag und öffentliche Fahrradfahrten zu werben. Im Winter 2012/2013 starteten Stadtrat und Bürgermeister auf Facebook ein Experiment, um die Straßen Rigas freizumachen: bei heftigem Schneefall war die Nutzung des öffentlichen Nahverkehrs für PkW – Besitzer umsonst. Diese Neuigkeit verbreitete sich schnell unter den Stadtbewohnern und viele Autobesitzer machten Gebrauch von dieser Möglichkeit.

 

BürgerInnen befragen


Heat map of mapped bike rides in Tallinn - click to enlarge


Map of Helsinki showing conflicting areas in blue, main open spaces in yellow, and proposed construction areas in red.- click to enlarge

Städte können durch Informationstechnologien auch Informationen von ihren BürgerInnen einholen. Die Stadt Tallinn (Estland) sammelte viele nützliche Informationen, während sie an der European Cycling Challenge (ECC) teilnahm. Mit 500 Teilnehmern, die mithilfe der Endomondo sports app ihre täglichen Fahrradfahrten dokumentierten, gewann Tallinn die Challenge zwei Mal (Ergebnisse 2013 – alle Fahrradfahrten im Mai können Sie in diesem einminütigen Video ansehen ). Durch die ECC – Daten konnten die Stadt und lokale Verkehrs-NGO’s einen Überblick über die Fahrradnutzung in der Stadt gewinnen und die wichtigsten Korridore der RadfahrerInnen identifizieren, die beim Neubau von Straßen zu berücksichtigen waren. Die App gab viel Feedback darüber, an welchen Stellen die Fahrrad – Infrastruktur verbessert werden kann. Sie erleichterte auch die Kommunikation zwischen RadfahrerInnen: Neue Nutzer bekamen nicht nur präzise Routenvorschläge von erfahrenen Nutzern, sondern auch Hinweise auf Abkürzungen und sichere Abstellplätze. Die Estnische Straßenverkehrsbehörde entwickelte daraufhin ihrerseits einen Radroutenplaner für Schulen. Kinder können dabei ihre Wege vom Wohnort zur Schule markieren, ihre Verkehrsträger, verschiedene Verkehrssituationen und Probleme auf dem Schulweg. Die Informationen werden in eine GIS – Datenbank eingespeist, mithilfe derer sich die Daten nach Verkehrsträgern, Dichte oder anderen Informationen analysieren lassen, die sowohl für schulische Mobilitätspläne als auch für die lokale Nahverkehrsplanung benötigt werden. Mehr Informationen finden Sie auf Seite 22 in dieser Broschüre.

Einige Städte haben Online – Medien genutzt, um für ihre SUMPs oder andere Mobilitätspläne Anregungen von BürgerInnen zu sammeln. Die Stadt Aalborg (Dänemark) bekam zum Beispiel mehr als 350 Kommentare über Facebook für ihr neues Fahrrad – Handlungskonzept 2013.

Im vergangenen Jahr wurde in Helsinki (Finnland) die Erarbeitung des neuen Masterplans Verkehr für Helsinki 2050 durch einen Online Karten - basierten Fragebogen (Demo ansehen) mit 4.700 Teilnehmern vorbereitet. Zusammen markierten sie über 30.000 Orte in der Stadt, an denen sie sich Wohnbebauung, bessere Verkehrsanbindungen oder Erholungsgebiete wünschten. Das Projekt nutzte die finnische SoftGIS Methode. Die Ergebnisse wurden als offene Daten publiziert, um allen Interessierten die Nutzung zu ermöglichen. Helsinki unterstützt darüber hinaus zehn von BewohnerInnen getragene Demokratie - Pilotprojekte , um neue Wege der Partizipation und Interaktion zu beschreiten.

Soziale Medien können auch ein wirksames Instrument zur Beeinflussung der öffentlichen Meinung sein, das allen Seiten in einer öffentlichen Debatte offen steht. In Wien (Österreich) spielten soziale Medien zum Beispiel eine wichtige Rolle in der Diskussion um die Umwandlung der größten Wiener Einkaufsstraße in eine Fußgängerzone. Soziale Netzwerke wurden genutzt, um BürgerInnen dazu zu ermuntern, an der offiziellen Volksabstimmung teilzunehmen. Facebook und Online-Informationen waren darüber hinaus wichtiger ein Bestandteil der Erarbeitung des Wiener Stadtentwicklungsplans 2025 (siehe Präsentation n° 9 in diesem zip-Ordner).

 

Ein Schritt weiter: Mit BürgerInnen zusammenarbeiten


Photo by James Duncan Davidson/O'Reilly Media, Inc. - cc-by-2.0


Source: Colectivo Camina Haz Ciudad

Das Europäische Projekt PUMAS kam zu dem Ergebnis, dass Informationstechnologien zwar verbreitet genutzt werden um Kommunikation zu organisieren, aber nur selten für vertiefende Diskussionen und Zusammenarbeit. PUMAS arbeitet derzeit an verschiedenen Anwendungen, um kooperative Online-Communitites von Interessenvertretern aufzubauen, face-to-face workshops zu managen oder Online-Feedback zu sammeln. Diese Instrumente wurden auf dem PUMAS International Seminar 2013 in Lyon präsentiert (siehe zip - Ordner).

Ein weiteres Beispiel für Online – Zusammenarbeit ist Joukkoenkeli (auch auf Englisch) in der Stadt Hyvinkää (Finnland). BewohnerInnen, Unternehmen und Organisationen können die Plattform nutzen, um mit ihrer Expertise und innovativen Ideen dazu beizutragen, die CO2 – Bilanz der Stadt zu verbessern.

Zusammenarbeit kann auch in die physische Welt erweitert werden und auf der Straße praktiziert werden. In Mexiko City gestalten BürgerInnen ihre eigenen Bürgersteige mithilfe der ‘wiki sidewalk’ - Richtlinien, die von einem lokalen Kollektiv erarbeitet wurden. In Großbritannien arbeitet die Non-Profit-Organisation Renew Newcastle an der Stadterneuerung mit, indem sie nach Künstlern, Kulturprojekten und Stadtteilgruppen Ausschau hält, die leerstehende Gebäude nutzen und instand halten bis sie saniert werden.

BürgerInnen können auch zur Finanzierung neuer Projekte eingebunden werden (crowd-funding – siehe z.B. auch die Kickstarter - Plattform). In manchen Ländern bewegt sich dieses Verfahren allerdings in einer rechtlichen Grauzone (siehe z.B. dieses Beispiel aus Finnland, oder dieÜberprüfung existierender Regulationen des European Crowdfunding Network). Am 27. März 2014 gab die EU – Kommission erstmalig ein offizielles Kommuniqué über das Potenzial des Crowdfunding mit dem Titel “Unleashing the potential of Crowdfunding in the European Union” und eine diesbezügliche Presseerklärung heraus.

Mehr Beispiele für Crowdsourcing und Crowdfunding – Initiativen finden sie auf Brickstarter. Andrew Nash präsentierte viele Anwendungen für crowd-sourced Planung in einem Webinar, das von der CIVITAS - Themengruppe für Öffentlichkeitsbeteiligung organisiert wurde.

 

Interaktiver Bürgerdialog in SUMP – Prozessen der DYN@MO - Städte


Copyright: City of Aachen/Walter Esser


Copyright: City of Koprivnica

In der Initiative CIVITAS DYN@MO, hat jede Stadt eine Partizipation 2.0 – Strategie gewählt, die ihre bisherige Praxis der Bürgerbeteiligung ergänzt. Die Stadt Gdynia (Polen) hat das Mobilnagdynia porta eingeführt, das alle für Mobilität in der Stadt relevanten Informationen sammelt. Das Portal bietet BürgerInnen die Möglichkeit, den SUMP – Prozess und andere DYN@MO – Maßnahmen zu verfolgen und zu kommentieren. Alle Social Media – Gruppen, die die Stadt nutzt, um für nachhaltige Mobilität zu werben, wie die Mobilna Gdynia Facebook page und Gdynia’s Twitter account, sind mit dem Portal verknüpft.

In Aachen wird zurzeit ein SUMP – Simulationsspiel entwickelt, um Studierende und Experten im SUMP – Prozess zu schulen. Das Spiel konzentriert sich auf die Entwicklung künftiger Mobilitätsszenarien, um die Bewertung verschiedener Planungsmaßnahmen zu erleichtern. Die Anwendung ist ein großartiges Beispiel eines serious game und hilft dabei, das Eis zu brechen, um die Diskussion neuer Ideen und Lösungen zu ermöglichen. Das Spiel wird auf der Aachener Website (DE) anderen Städten in Deutsch und Englisch zur Verfügung stehen. Die Stadt hat darüber hinaus eine Online - Umfrage (DE) über die Mobilitätsvision der Stadt für 2050 durchgeführt.

Die Stadt Koprivnica (Kroatien) entwickelt zurzeit ihren ersten SUMP und hat dazu eine Facebook-Seite und ein blog (HR) erstellt, um ihre BürgerInnen zu informieren. Später soll ein Online-Portal alle Informationen zur Mobilität an einem Ort bereitstellen. Die regionale Universität, die auf neue Medienkommunikation spezialisiert ist, wird dabei assistieren, um besonders die „digital natives“ anzulocken.

Palma testet seine InfoPalma Mobile app die BürgerInnen Echtzeit-Informationen bietet und die Möglichkeit, Informationen ins System einzuspeisen. Das öffentliche Nahverkehrs-unternehmen EMT nutzt Facebook und Twitter, um seine Nutzer zu informieren und mit ihnen zu interagieren. Vorschläge von Nutzern, empfangen durch verschiedene Kanäle werden in die Diskussion um die Aufstellung eines dynamischen nachhaltigen städtischen Mobilitätsplans einfließen.

Zum Ende des Projekts beabsichtigen alle DYN@MO – Städte, über eine Mobilität 2.0 Online-Plattform zu verfügen, die als Anlaufstelle für alle mobilitätsrelevanten Informationen in den Städten fungieren soll. Um an Nutzer-Feedback und Verbesserungsvorschläge zu gelangen hat jede DYN@MO – Stadt einen Lead User oder DYN@MO – Botschafter nominiert. Die Lead User testen Prototypen der Mobilitätsangebote und neuen Dienstleistungen, die die Städte entwickelt haben und teilen ihre eigenen Erfahrungen mit nachhaltiger Mobilität durch soziale Medien mit anderen BürgerInnen.

Erfahren Sie mehr über CIVITAS DYN@MO und die Aktivitäten in den Partnerstädten auf der CIVITAS website. Im September 2014 wird DYN@MO zwei Broschüren publizieren: Eine über Methoden der e-Partizipation im Rahmen der SUMPSs sowie Praxiserfahrungen der teilnehmenden Städte und eine weitere über die Konversion regulärer Busse in (hybride, elektrische) „saubere“ Busse.

 

Fazit: Wird die Zukunft vollständig digital sein?


Source: www.civitas.eu

Wird e-Partizipation letztendlich face-to-face Begegnungen ersetzen? Selbstverständlich nicht. Erstens sollten wir nicht vergessen, dass nicht jeder die Möglichkeiten oder Fähigkeiten hat, um online zu gehen (die sogenannte digital divide). Und zweitens, um Vanessa Quirk von ArchDaily zu zitieren: „Was zählt, ist, dass die Technologie unsere physischen Beziehungen erweitert, nicht ersetzt. Anstatt Online-Plattformen als polarisierende oder ausschließlich konzeptuelle Foren zu nutzen, müssen sie zu Instrumenten der Transparenz und der Vertrauensbildung werden, Mediatoren einer Konversation, die alle Parteien erreicht und vor Ort verbindet.“ (zum ganzen Artikel)

 

Neues von verwandten Projekten: Ostsee-Region Kompetenzzentrum für nachhaltige urbane Mobilitätsplanung gestartet



Das BSR Competence Centre on SUMP sammelt Wissen und gute Beispiele für SUMPs im Ostseeraum. Das Ziel des Kompetenzzentrums ist es, Städte bei der Entwicklung von SUMPs durch Versorgung mit Informationen und Hilfestellungen zu unterstützen, um damit sowohl den Wissens- und Erfahrungsaustausch zu erleichtern als auch Weiterbildungsmöglichkeiten anzubieten. Besuchen Sie die Online – Plattform des Kompetenzzentrums.

 

Bevorstehende Veranstaltungen



  • ECOMM 2014
    7-9 Mai 2014 – Florence,Italien
    www.ecomm2014.eu
    Einen Überblick finden Sie hier oder Sie registrieren sich direkt.
  • DYN@MO Summer University - Implementing city and citizen friendly electric vehicles
    14-16 Mai 2014 – Palma, Spanien
    www.civitas.eu

Für mehr Veranstaltungen besuchen Sie auch den EPOMM Kalender.

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